COPE-Jahreskonferenz
Am 13. Juni 2024 fand in Berlin die internationale COPE-Jahreskonferenz „Let’s Talk to One Another: a cross-sectoral approach for children with a parent in prison“ statt, die gemeinsam vom Treffpunkt e.V. und COPE veranstaltet wurde. Über 200 Teilnehmer*innen aus mehr als 20 Ländern tauschten sich über die Herausforderungen und Lösungsansätze für Kinder inhaftierter Eltern aus.
Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Bedeutung intersektoraler Zusammenarbeit, um die spezifischen Herausforderungen bezüglich der Arbeit mit Kindern von Inhaftierten zu bewältigen. Themen wie die Verbesserung der Besuchszeiten, kinderfreundliche Umgebungen und umfassende Unterstützung für betroffene Familien standen im Fokus. Der Austausch von Best Practices aus verschiedenen Ländern führte zu innovativen Ansätzen und praktischen Lösungen. Abgerundet wurde die Konferenz mit einer gemeinsamen Spreefahrt am Abend.
Die Veranstaltung setzte wichtige Impulse für die Unterstützung von Kindern inhaftierter Eltern. Wir danken allen Teilnehmer*innen, Unterstützern und Organisatoren für ihren Beitrag zum Erfolg der Konferenz.
Programm und Konferenzinhalte:
9:30: Begrüßung, Grußworte und Eröffnungsrede
- Hilde Kugler, Host Member Germany (Treffpunkt e.V.)
- Christian Richard, Referatsleiter und stellvertretender Leiter Abteilung III – Justizvollzug, Gnadenwesen und Soziale Dienste Berlin
- Dr. Meike Kazmierczak, Leiterin des Referats Kinderrechte, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
- Margaret Tuite, President of COPE (Children of Prisoners Europe)
- Annelyn Smit, Expertisecentrum KIND
- Marc von Krosigk, Managing Director Auridis Stiftung
10:15: Von internationaler Vorgabe zur Praxis
- Claudia Kittel, Monitoringstelle UN-KRK (Deutschland)
- Judith Feige, Monitoringstelle UN-KRK (Deutschland)
Claudia Kittel und Judith Feige erläuterten internationale und nationale rechtliche Rahmenbedingungen, die Bedeutung des Kindeswohls sowie Empfehlungen und Praxisbeispiele für u.a. kinderfreundliche Besuchsmöglichkeiten in JVAen.
10:50: Europäische Perspektiven zur Umsetzung der Empfehlung des Europarats und EuroPris-Expertengruppe
Justina Dzienko, Deputy Director European Organisation of Prison and Correctional Services (EuroPris) (Europa)
Justina Dzienko sprach über die Umsetzung der Europaratsempfehlungen in Bezug auf Kinder von Inhaftierten aus europäischer Perspektive.
11:10: Kurzvideo: Kindgerechte Justiz
Member of the UN Committee on the Rights of the Child, TBC
11:50: Top-down und bottom-up: deutscher Ansatz Netzwerk KvI
- Hilde Kugler, Project Manager Netzwerk KvI & Managing Director Treffpunkt e.V. (Deutschland)
- Ben Spöler, Auridis Stiftung (Deutschland)
Hilde Kugler und Ben Spöler stellten den deutschen Ansatz des Netzwerk Kinder von Inhaftierten vor. Dabei wurde v.a. die Bedeutung einer interdisziplinären Zusammenarbeit betont.
12:30: Perspektive der freien Träger
Anja Seick, Freie Hilfe Berlin, Netzwerk KvI Berlin (Deutschland)
Anja Seick erläuterte die verschiedenen Angebote und Projekte in Berlin zur Unterstützung von Kindern Inhaftierter, wie niederschwellige Beratungsangebote, Eltern-Kind-Gruppen oder ehrenamtliche Familienpatenschaften, um betroffenen Familien zu helfen.
14:00: Zusammenarbeit von Polizei und freien Trägern
Sergeant Russ Massie, Thames Valley Violence Reduction Unit (Großbritannien)
Sergeant Russ Massie sprach über die Rolle der Polizei bei der Unterstützung von Kindern mit einem inhaftierten Elternteil. Dabei betonte er die Notwendigkeit, Vertrauen zwischen den Kindern und den Polizeibeamten aufzubauen und stets für deren Schutz zu sorgen.
14:20: Zusammenarbeit mit der Justiz
Chandra Gracias, Judge Central Civil Court of Lisbon (Portugal)
Richterin Chandra Gracias stellte ihre Arbeit mit dem portugiesischen Justizsystem vor, um die aktive Anhörung von Kindern in Gerichtsverfahren zu fördern.
14:40: Unterstützung der Eltern
- Christine Maerkl, Clinical Psychologist, Trainer in Correctional Services (Griechenland)
- Dr Smita Dharmamer, Aangan Trust (Indien)
Christina Maerkl informierte über die Herausforderungen in griechischen Gefängnissen, wie Überbelegung und Personalmangel, und stellte das NESTOR-Projekt vor, das die Elternkompetenzen inhaftierter Väter stärken soll. Ziel ist, die Familienbeziehungen zu verbessern und die Wiedereingliederung der Väter zu unterstützen.
Dr. Smita Dharmamer stellte die Arbeit des Aangan Trust vor, der Kinder unterstützt, die mit ihren Müttern im Gefängnis sind. Dafür werden mitfühlende und nicht stigmatisierende Umgebungen in den Gefängnissen geschaffen, z.B. gemeinschaftlicher Kinderkrippen und Familienräume.
15:10: Gewährleistung der Beteiligung von Kindern & Jugendlichen
Annelyn Smit & Winie Hanekamp, ‘Our Stories Matter’ (Niederlande)
Annelyn Smit und Marieke van Zwam stellten “Our Stories Matter” vor, ein Projekt, das darauf abzielt, die sinnvolle Beteiligung von Kindern in der Politikgestaltung und Gefängnisreform in den Niederlanden zu verankern.
16:30: Zusammenfassung, Ausblick und Graphic Recording der Konferenz
Sprecher*innen:
Hilde Kugler, Treffpunkt e.V. & Netzwerk KvI
Hilde Kugler ist Gründerin und seit 33 Jahren Geschäftsführerin des Vereins Treffpunkt e.V. in Nürnberg. Seither gehören Angehörige von Inhaftierten zum Schwerpunkt ihrer Arbeit. Seit 2004 entwickelte sie eine Reihe von Projekten und neuen Angeboten für Kinder von Inhaftierten. 2018 initiierte sie das Netzwerk „Kinder von Inhaftierten” (KvI). Aktuell begleitet sie als Projektleitung den Aufbau von landesweiten Strukturentwicklungsprojekten zwischen Jugendhilfe und Justiz in sechs Bundesländern. Sie ist Mitglied in zahlreichen Gremien der Straffälligen- und Jugendhilfe.
Claudia Kittel, Monitoringstelle UN-KRK
Claudia ist Leiterin der Monitoring-Stelle zur UN-Kinderrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte. Zuvor arbeitete sie als Sprecherin der National Coalition Deutschland – Netzwerk für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Derzeit ist sie zudem Fachvorsitzende des Programms „Kinderfreundliche Gemeinde” von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die inhaltliche Erläuterung der UN-Kinderrechtskonvention und die kritische Begleitung der Verwirklichung aller darin verankerten Rechte von Kindern und Jugendlichen als eigenständige Rechtsträger.
Judith Feige, Monitoringstelle UN-KRK
Judith Feige arbeitet seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Monitoring Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Von 2012 bis 2015 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in verschiedenen Projekten der Abteilung Menschenrechtsbildung des Instituts tätig. Nach ihrem Diplomstudium der Sozialen Arbeit und dem Masterstudium Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession arbeitete sie in verschiedenen Bereichen der Kinder und Jugendhilfe und wirkte am Aufbau einer Beratungsstelle für Menschen mit Behinderungen mit.
Justina Dzienko, European Organisation of Prison and Correctional Services
Justina Dzienko, Psychologin und Biologin mit deutsch-polnischem Hintergrund, ist stellvertretende Direktorin von EuroPris mit Sitz in Den Haag, Niederlande. Von 2015 bis 2021 arbeitete sie in der Strafvollzugs- und Bewährungsverwaltung des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern, wo sie Erfahrungen in allen drei Bereichen (ambulant, Gefängnis und Ministerium) sammelte. Darüber hinaus arbeitete sie im forensisch-psychologischen Dienst des Landesamtes für ambulante Straffälligenarbeit in Schwerin und in der Justizvollzugsanstalt Waldeck in Rostock, wo sie auch an einem familienorientierten Projekt beteiligt war.
Ben Spöler, Auridis Stiftung
Ben Spöler ist seit 2017 Projektmanager bei der Auridis Stiftung gGmbH, einer von ALDI SÜD finanzierten gemeinnützigen Förderinstitution, die zu besseren Aufwachsensbedingungen von Kindern in benachteiligenden Lebenslagen in Deutschland beitragen möchte. Seit dem Jahr 2021 hat er zusammen mit Hilde Kugler von Treffpunkt e.V. das Handlungsfeld „Kinder von Inhaftierten” bei der Auridis Stiftung aufgebaut, um systemische Veränderungen in der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Justiz zu bewirken. Seit diesem Jahr ist er ehrenamtlich als Jugendersatzschöffe am Amtsgericht in Düsseldorf tätig.
Anja Seick, Freie Hilfe Berlin e.V.
Anja Seick ist seit 15 Jahren bei dem Freie Hilfe Berlin e.V. als Sozialarbeiterin tätig. In sieben Jahren Beratungstätigkeit in Berliner Haftanstalten rückte das Thema „Familienorientierung“ immer weiter in das Bewusstsein der freien Straffälligenhilfe. 2016 initiierte sie die erste Vater-Kind-Gruppe in Berlin und erarbeitete in Folge ein Konzept für ein niedrigschwelliges Beratungsangebot für Familien, die von Haft betroffen sind. Mittlerweile ist das Konzept in allen Berliner Justizvollzugsanstalten des Männervollzugs integriert. Des Weiteren leitete sie die Beratungsstelle für Straffällige und deren Angehörige. Seit 2022 leitet sie die Koordinierungsstelle KvI Berlin.
Sergeant Russ Massie, Thames Valley Violence Reduction Unit
Russ hat das erste Programm in Großbritannien entwickelt, das Kinder von Inhaftierten durch eine innovative Nutzung gemeinsamer gesetzlicher Daten erkennt und unterstützt. Russ ist der Überzeugung, dass Kindern dabei geholfen werden sollte, aufgrund ihrer eigenen Leistungen erfolgreich zu sein, und dass sie nicht durch ihre Lebensumstände oder die Handlungen der Erwachsenen in ihrem Leben behindert werden sollten. Er hält regelmäßig Gastvorträge und ist Direktor eines Multi Academy Trusts von Grundschulen in Oxfordshire und London.
Christine Maerkl, Clinical Psychologist
Christine ist eine erfahrene klinische Psychologin, Psychotherapeutin und Trainerin in der Erwachsenenbildung. Sie war als Psychologin am Special Health Center for Prisoners als wissenschaftliche Beraterin des Generalsekretärs für Kriminalpolitik und als Trainerin in der Erwachsenenbildung für Projekte wie CHILDfront tätig. Christines Veröffentlichungen befassen sich mit Themen wie dem Zugang zur Justiz für Kinder mit Behinderungen, den psychologischen Auswirkungen des Strafvollzugs und der Bedeutung der Aufrechterhaltung familiärer Bindungen für die Wiedereingliederung von Gefangenen. Darüber hinaus ist sie Mitbegründerin von „Our Big House”, einem Unterstützungszentrum für Kleinkinder und ihre Eltern.
Chandra Gracias, Central Civil Court of Lisbon
Chandra Gracias ist Richterin in erster Instanz am Zivilgericht von Lissabon und ehemalige Ausbilderin für Familienrecht an der Portugiesischen Justizakademie. Sie war als abgeordnete Richterin am Obersten Gerichtshof tätig und verfügt über Erfahrung in den Bereichen alternative Streitbeilegung, Adoption, Jugendkriminalität und geschlechtsspezifisches Urteilen. Chandra ist außerdem eine gefragte Rednerin und Dozentin zu verschiedenen rechtlichen Themen, darunter Familien-, Zivil- und Strafrecht, und engagiert sich aktiv in mehreren Initiativen zum Schutz von Kindern und zur Aufklärung über Menschenrechte.
Dr. Smita Dharmamer, Aangan Trust
Dr. Smita Dharmamer ist stellvertretende Direktorin bei Aangan Trust und verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung im Kinderschutz. Sie hat sich für gefährdete Kinder eingesetzt und mit Regierungsvertretern auf verschiedenen Ebenen zusammengearbeitet, um die Kinderschutzmaßnahmen zu verbessern. Bei Aangan setzt sich Dr. Dharmamer für die Schaffung eines verantwortungs-vollen Gefängnissystems ein, das die am meisten gefährdeten Kinder von inhaftierten Eltern unterstützt. Ihre Arbeit hat ihr Verständnis für die Vielfalt der Welt und die besonderen Herausforderungen, mit denen Kinder konfrontiert sind, vertieft. Ihr unermüdliches Engagement wurde 2016 mit dem Rex Karmaveer Global Fellowship Award ausgezeichnet.
Annelyn Smit, Expertisecentrum KIND
Annelyn hat Small Business & Retail Management studiert und ist Unternehmerin. Sie ist Inhaberin der Website notmycrime.nl, da sie selbst ein Kind eines inhaftierten Elternteils war. Deshalb beschloss sie, etwas für andere Menschen zu tun, die von der Inhaftierung eines geliebten Menschen betroffen sind. Sie hat viel Erfahrung mit Kindern von Inhaftierten gesammelt und hält heute Vorträge für verschiedene Organisationen, um das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schärfen. Außerdem arbeitet sie für das Kompetenzzentrum K I N D, in dem sie verschiedene Projekte für Kinder mit einem inhaftierten Elternteil unterstützt..
Marieke van Zwam, Exodus
Marieke arbeitet seit 2013 als nationale Projektmanagerin bei Exodus in den Niederlanden. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung und Umsetzung von Projekten zum Thema Elternschaft in Haft. Sie hat das Training „Mein Kind und ich” entwickelt, das in fast jedem Gefängnis in den Niederlanden durchgeführt wird, sowie das Herbstcamp für Kinder und ihre Eltern im Gefängnis. Im Mittelpunkt dieser Programme steht die Wiederherstellung der Beziehung zwischen dem Kind und dem inhaftierten Elternteil.